Am 23.10 machte sich eine gemischte Truppe aus Frauen und Männern der BINS, des Reparaturcafés und der Kochfrauen auf eine Tagesfahrt nach Metz. In aller Frühe starteten wir am Robinsondorf in Richtung Frankreich. Gegen 10 Uhr erreichten wir unser erstes Ziel, die Emmausgemeinschaft in der Nähe von Metz. Schon die letzten Meter der Anfahrt waren beeindruckend, fanden wir doch ein großes Anwesen mit mehreren Hallen, Staplern und großen LKWs vor. Wir wussten aus unserer Internet-Recherche, dass diese Gemeinschaft eine Art Sozial-Kaufhaus betreibt, aber die Größe war uns nicht bewusst. Monsieur Kiffer, der Präsident, begrüßte uns, unterstützt von 2 Dolmetschern, recht herzlich und lud erstmal zu café et croissant. Während dem Imbiss erklärten uns die Führer kurz das „Geschäftsmodell“, insbesondere wurde erklärt, wie das mit den Angestellten funktioniert: Das sind überwiegend Menschen ohne Arbeit, ohne Wohnung, ohne Geld; diese kommen vorbei und können sofort mitarbeiten und können bleiben, solange sie wollen. Manche sind schon 40 Jahre hier. Es wird in Gemeinschaft gegessen in einer zentralen Kantine mit Küche, jeder hat ein eigenes Zimmer, und ein Sozialarbeiter kümmert sich um Gemeinschaft. Auf dem Gelände gibt es inzwischen zwei Neubauten mit barrierefreien Appartements, jedes mit Bad. So ist ein echt würdevolles Dasein ermöglicht.
Wir begannen in zwei Gruppen quasi am Wareneingang: 2 Angestellte nehmen täglich 50 Anrufe entgegen, um Abholtermine von Sachen zu koordinieren. Darüber hinaus bringen Menschen den ganzen Tag Sachen an eine zentrale Rampe. Dort wird vorsortiert und dann gehen die Sachen in verschiedene Hallen: Spielzeug, Möbel, Hausrat, Kleidung, Bücher als Beispiel. Falls kleinere Reparaturen durchzuführen sind, gibt es jeweils eine kleine Werkstatt für Möbel, Mechanische Teile und Fahrräder. Und es gibt eine Halle voll mit Elektromaterial, was ebenfalls wieder aufgearbeitet wird. Da ging uns das Herz auf. Aus diesen verschiedenen Lägern wird dann auch das Sozialkaufhaus bestückt, dazu später mehr.
Zwei Besonderheiten wurden bestaunt: Die Schreinerei der Gemeinschaft hat sich inzwischen spezialisiert auf Reparatur und Upcycling von Paletten. 14.000 Stück im Jahr werden hier entweder instandgesetzt, oder komplett demontiert. Aus den dadurch gewonnenen Latten und Kanthölzern werden Möbel hergestellt, die in Metz auch in einem Möbelgeschäft verkauft werden. Und in der Kleidersortierung gibt es eine Abteilung für Markenkleidung. Wir konnten beispielsweise einen Webpelzmantel von Yves Saint-Laurent streicheln.
Die nächste Station war die Heizungsanlage. Hier wird „Abfallholz“ zerkleinert und verfeuert. Das besondere daran ist, dass es in der automatischen Holzzuführung zwei Magnetabscheider gibt, die die Eisennägel herausfischen; diese werden dann verkauft.
Sodann standen wir vor der Kantine, dort gibt es eine Küche, in der zentral gekocht wird. Es waren über 40 Teller gerichtet, sodass man eine Ahnung bekommt, wieviele Menschen hier arbeiten (Ich hatte tatsächlich nicht gefragt).
Nach einem kurzen Päuschen wurden wir dann auf das Kaufhaus losgelassen. Hier kann jeder einkaufen ohne Nachweis einer Bedürftigkeit, und die Preise sind sehr moderat. In dem Geschäft war ein ziemliches Gewusel an Besuchern und Angestellten, die z.B. im Bücher- und CD-Bereich stets für Nachschub und Ordnung sorgen. Auch die Abteilung der schönen Dinge mit alten bemalten Porzellanschüsseln, antiquierten Kaffeemaschinen und allerhand Kristallgläsern war gut besucht. Die Möbelabteilung macht manchen Möbelhaus Konkurrenz was Größe und Anzahl der Objekte angeht, dort ging es etwas ruhiger zu. Hier gibt es auch eine Ausstellung der Upcycling-Möbel. In der letzten Halle war wiederum Betrieb, hier waren dann die Elektrogeräte für Küche und Wohnzimmer, und Regale voller Teller, Tassen und Zubehör. Und wie soll es anders sein: So manches Liebhaberstück fand Anklang und wurde gekauft, und somit ins Saarland genommen.
Gegen 12.30 Uhr trafen wir uns wieder vor der Kantine zusammen, um uns zu verabschieden. Matthias konnte formvollendet auf Französisch die Abschiedsrede halten, verbunden mit einer Gegeneinladung nach Neunkirchen, um uns und das Upcycling-Zentrum AQA des Landkreises zu besuchen. Deren Geschäftsführer, Herr Gerber, war im Übrigen unserer Einladung gefolgt und hatte uns nach Metz begleitet.
Nach der Fahrt ins Zentrum teilte sich die Gruppe auf: Im Museum Centre Pompidou wurde eine Gemäldeausstellung besucht, ein Teil nahm an einer Stadtführung teil, ein Teil ging im Selbststudium in Richtung Fußgängerzone. Ich selbst nahm an der Stadtführung teil, die in Deutsch angeboten wurde. Nach einer kurzen Einführung ging es natürlich in die Kathedrale, hin zu den Chagall-Fenstern und weiteren Besonderheiten. Danach runter zur Mosel-Insel, wo die deutsche evangelische Stadtkirche auf der kleinen Insel bestaunt wurde (Gebaut 1902 während der deutschen Verwaltung). Daraufhin ging es zum Platz der Republik durch enge Gassen, und von dort aus wieder zurück, durch die Fußgängerzone mit vielen zauberhaften kleinen Geschäften, in Richtung Kathedrale. Das war gut investierte Zeit, da die Führerin in den 100 Minuten mit vielen Informationen und auch Tipps aufwarten konnte, die sich auch dann für einen Wiederholungsbesuch gut eignen.
Bis zur Abfahrt des Busses blieb genügend Zeit für eine Pause in einem der kleinen Bars, und natürlich noch der Besuch der Markthallen mit ihrem reichhaltigen Angebot. Gegen 17 Uhr ging es dann auf die Heimreise ins Robinsondorf, dort wurden wir bereits erwartet. Landesgemäß hatten wir uns Nouilles avec Boeuf Bourguignon gewünscht, das Essen war hervorragend. Bis spät in den Abend wurde getrunken, Erfahrungen ausgetauscht, und natürlich auch dann in Erinnerungen geschwelgt. Alle waren übereinstimmend der Meinung, dass es eine lehrreiche und schöne Studienfahrt war und wir danken hier nochmals Wolfgang, der die Fahrt ermöglicht hat.
Text: Joachim Becker
Bilder: Matthias Schilhab